Wir Menschen haben wenig bis nichts wirklich im Griff. Manchmal genügt ein einziger Augenblick und unser Leben wird auf den Kopf gestellt.
Das hat Margot Käßmann letzte Woche erlebt. Die Sekunde, die es braucht, um eine rote Ampel zu überfahren, hat einschneidende Veränderungen bewirkt. Ich finde es schade, dass sie sich zum Rücktritt genötigt sah, kann diesen Schritt aber verstehen. Wer hohe moralische Massstäbe öffentlich vertritt, muss sie wohl auch an sich selbst anlegen. So hat Frau Käßmann jedenfalls ihre Glaubwürdigkeit behalten.
Eine andere Frau in einem ganz anderen Teil der Welt kostete eine entscheidende Sekunde letzte Woche das Leben. Es war die Sekunde als ein Orka in Gefangenschaft plötzlich lebte, was er eigentlich ist:
Ein schönes, wildes und für kleine Menschen auch gefährliches Geschöpf. So ein Wal gehört eben in die Weiten der Ozeane und nicht in ein Schwimmbad. Er muss sich dort fühlen wie ein Mensch, der sein Leben lang in ein winziges Gästeklo gesperrt wird.
Die letzten Sekunden ihres Lebens werden für seine Trainerin qualvoll gewesen sein. Ertrinken ist sicher immer qualvoll. Zum Spielball eines so gigantischen Wesens zu werden, eines Wesens, das man zu beherrschen glaubte, ist aber besonders gruselig.
"Eine entscheidende Sekunde" heißt auch mein Beitrag in einem brandneuen Büchlein mit Kurzgeschichten. Der Titel "Kleine Zeitgeschichten" ist im Brunnen-Verlag erschienen. Insgesamt schreiben elf Autoren, deren Texte alle mit "na endlich" anfangen. Das ist eine nette Lektüre für zwischendurch - kann man gut langweilige Sekunden mit aufhellen.
Montag, 1. März 2010
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen