Montag, 25. Juli 2011

Der letzte Freitag war ganz normal...

...jedenfalls für mich.
Am Vormittag hatte ich zu einem Kreativfrühstück eingeladen, um an den Liedtexten für unser Musical zu arbeiten.
Nachmittags war ich beim Sport und habe vorher ein bisschen geputzt.
Abends hatten wir lieben Besuch zu Erdbeeren und Wein.

An diesem Tag starb alle sechs Minuten ein Kind an Hunger am Horn von Afrika.
An diesem Tag knallte ein abartiger Irrer junge Menschen auf einer idyllischen Ferieninsel ab.
Mitleidlos tötete er am laufenden Band - wie in einem Computerspiel.

An das Grauen in weiter Ferne haben wir uns gewöhnt.
Dabei sollten wir darüber erschrecken, was wir Menschen aus Gottes überreicher Schöpfung gemacht haben.
Das Grauen von Oslo ist so nah und so neu, dass es uns fertig macht.
Es zeigt, wie verletzlich wir sind - an einem ganz normalen Tag.
Auch meine Kinder waren schon in Ferienlagern - und ich hatte mich gefreut, dass sie gut aufgehoben waren und Spaß hatten.
Dass das bei uns immer gut ausgegangen ist, ist nicht selbstverständlich.
EIN böser Mensch genügt, um den normalen Alltag zum Wahnsinn zu machen.

Ich will versuchen, nicht mehr über Langeweile zu klagen. Langeweile oder "normaler Alltag"ist ein Luxus, der einem jederzeit genommen werden kann.

Donnerstag, 21. Juli 2011

Das Ende einer Ära

"Tja, Mama, das waren jetzt zehn Jahre", sagte meine Älteste gestern zu mir. Sie ist 25 und wir saßen gemeinsam im Kino. 2001 lief der erste "Harry Potter", seit einigen Tagen ist der letzte in den deutschen Kinos. Wir haben uns alle acht Filme zusammen angeschaut.
1998 hatten wir Harry und seine Welt zwischen den Buchdeckeln entdeckt und uns seither auf jedes neue Band gefreut.
Der Kinosaal war gestern voll. Außer mir gab es nur noch wenige Oldies, die meisten Zuschauer waren so zwischen 18 und 25. Das ist die Generation, die mit Harry, Hermine und Ron groß geworden ist. Ich hoffe, die Tugenden dieser Geschichte haben sie auch geprägt. Neben aller Freude am Fabulieren, die im Kopf so wunderbare Sachen entstehen lässt wie Wettkämpfe auf fliegenden Besen oder Umhänge, die unsichtbar machen, hat die Autorin vor allem wichtige Grundwerte vermittelt: Freundschaft, Mut, Treue, Einstehen für das Gute, sich leiten lassen durch gute Vorbilder, Vorurteile loslassen, Andersartige nicht ausgrenzen...
Und das ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was man bei Harry Potter fürs Leben lernen kann.

Die von vielen Frommen so gescholtene Magie war für mich immer "nur" vergnügliches bis spannendes Beiwerk. Für Freunde von Fantasy-Literatur erhöht sich dadurch der Spaßfaktor beim Lesen. Aber im Grunde genommen ist es eine Geschichte über den Kampf gegen das Böse. Was soll daran schlecht sein?
Mir jedenfalls haben die vielen Stunden mit Harry Potter in den letzten 13 Jahren richtig gut gefallen. Wer sich so eine komplexe Welt in seinem Kopf ausdenken und aufschreiben kann, hat eine große Portion schöpferische Kreativität abbekommen. Ich finde das faszinierend!
Und ich bin gespannt, ob so etwas zu meinen Lebzeiten noch mal gelingt. Oder ob diese "Ära" einzigartig bleibt.

Dienstag, 12. Juli 2011

"Wenn ihr nicht werdet wie die Kindlein..."

...das war in den letzten 30 Jahren nicht gerade mein Lieblingsbibelvers. Mittlerweile bin ich schon 48 - und da ist so viel "Kindliches" eh nicht mehr zu finden. Dachte ich.
Seit heute Mittag weiß ich es besser. Immer wieder laufe ich mit dem Funkschlüssel meines neuen Fiat zur Haustür. Die öffne ich und drücke dann begeistert auf den ersten Knopf. "Pleung" antwortet mein Auto unterm Carport und blinkt. Und ich weiß: Die Türen sind offen. Ich drücke auf den zweiten Knopf, es macht "ruut" - und die Türen sind zu. Herrlich!
Mein erstes Auto mit Zentralverriegelung per Funk! Was für ein Spaß! Als ich vor 30 Jahren den Führerschein machte, gab es das sowieso noch nicht. Aber auch die letzten 15 Jahre bin ich ohne diesen Luxus gefahren. Zwei gebrauchte Fiats hintereinander - das bedeutete mechanisches Aufschließen, mit Beifahrer sogar zweimal. Bei meinen alten Schätzchen konnte ich noch nicht mal von innen den Knopf runter drücken.
Das war 0k - ich habe immer gesagt: "Ich brauche ein Auto nur zum Fahren." Aber bewundert habe ich andere Hausfrauen schon, wenn sie auf dem Supermarktparkplatz aus großer Entfernung lässig ihre Schlüssel zückten und dann machte ihr Auto irgendwo "blink" und "pleung".
Ab heute mache ich das auch! Ich weiß, es ist schon Luxus, überhaupt ein Auto für sich alleine zu haben. Bin dankbar, dass ich in den letzten 15 Jahren drei Kinder zum Fußball, Chor und hasse-nicht gesehen karren konnte und Getränkekisten und Theaterrequisiten und Altpapier und...
Aber Gutes, an das man gewöhnt ist, fällt einem irgendwann nicht mehr so auf. Deshalb bin ich dankbar für meine kindliche Schlüsseleuphorie. Und hoffe, dass die Dankbarkeit noch ganz lange bleibt. Und das Gute nicht wieder so schnell zur Gewohnheit wird.
Und jetzt muss ich los - Haustür öffnen und Schlüssel drücken.

Mittwoch, 6. Juli 2011

Ich bin ein Rumpelstilzchen...

...findet jedenfalls mein Mann. Er bewundert, dass ich bisweilen die Gabe habe, aus "Mist" Gold zu machen. Rumpelstilzchen machte das Gold bekannterweise aus Stroh. Also bin ich das bessere Rumpelstilzchen. :-)
Aktuell macht mein Gatte seine Einsortierung meiner Wenigkeit am letzten Montag fest. Da bin ich um 5.30 aufgestanden, um mit ihm um 6.15 in die Tabea-Klinik in Blankenese zu starten. Dort sollte er sich für eine ambulante OP um 7.00 melden.
"Du kannst dann da auf mich warten", sagte er vorab, "mittags können wir wieder nach Hause fahren."
Die Wirklichkeit sah so aus, dass wir in der Klinik zunächst bis gegen 9.00 von Pontius nach Pilatus latschten, bis alle Anmeldungen und Voruntersuchungen abgeschlossen waren. Dann war klar: Die tote Vene im linken Bein sollte gegen 9.30 gezogen werden. "Bis 16.00 müssen Sie dann mindestens hier bleiben bis wir Sie entlassen", sagte man dann dem Gatten.
Im normalen Tagesverkehr würde ich fast ne Stunde für den Weg nach Hause brauchen und später auch für den Weg wieder zurück. Also habe ich spontan beschlossen, 20 Minuten bis zur S-Bahn Blankenese zu laufen und dann mit dieser in die Hamburger City zu fahren. Schon seit einigen Wochen trug ich mich mit dem Gedanken während der Sommer-Schnäppchen-Verkaufszeit zu versuchen, ein klassisches Kostüm für mich günstig zu erwerben. Es sollte das ganze Jahr über tragbar sein.
Gemütlich in der City flanierend habe ich tatsächlich mein Kostüm wie ein Trüffelschwein :-) gefunden. Ein Markenfummel von Taifun, richtige Farbe, richtiger Schnitt, passt wie angegossen und hat statt 210 Euro nur noch 130 gekostet - "Gold" eben.
Rechtzeitig gegen 16.00 war ich wieder im Krankenhaus, um den etwas ramponieretn Gatten in Empfang zu nehmen und behutsam nach Hause zu kutschieren.

Obwohl ich mir den Tag anders gedacht hatte, ist er gut für mich gelaufen. Aber für mein Rumpelstilzchen-Gen kann ich ja nix. Für diese Gabe kann ich mir keinen Orden an die Brust heften. Bin aber dankbar dafür. Ich stelle mir vor wie ätzend das Leben bisweilen sein kann, wenn man nicht so gepolt ist - oder sogar genau anders rum. Auch Menschen, die in jedem großen Goldhaufen noch den kleinsten Dreck beklagen, können ja erstmal nix dafür, dass sie sind wie sie sind. Für seine Gene ist man nicht verantwortlich. Ich hoffe, Gott berücksichtigt das dermaleinst!