Dienstag, 22. Februar 2011

Heute brauche ich echt mal Hilfe!

Entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten melde ich mich nun schon zum zweiten Mal in einer Woche. Ich wünsche mir Hilfe von allen Theologen meiner kleinen Leserschar - und von allen, die Jesus von Herzen lieb haben.
Wer von euch glaubt eigentlich, dass Jesus auch Gaddafi von Herzen lieb hat?
Ich weiß, Gott will, "dass alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen". Ich weiß auch: "Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seine einzigen Sohn gab, auf dass jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe."
Aber bedeutet das wirklich, dass Gott jeden einzelnen Menschen liebt?
Oder bedeutet es "nur", dass Gott jedem einzelnen Menschen eine Chance gibt?

Vor 20 Jahren war es "in" als Prediger längjährige Fromme mit folgendem Statement zu schocken:
Wenn Adolf Hitler in seiner letzten Lebensminute Gott seine Sünden bekannt hat, dann feiert er dermaleinst gemeinsam mit uns im Himmel.
Puh! Ist ja theologisch korrekt - aber will ich das? Und vor allem: Heißt das, dass Gott Adolf Hitler liebt? Oder Gaddafi oder andere üble Tyrannen und Völkermörder?
Ja - ich kenne auch die gängigen frommen Gedanken: "Da ist kein Gerechter, auch nicht Einer". Oder: "Alle sind Sünder". Aber trotzdem: Wo sagt die Bibel eigentlich, dass Gott auch die richtig Fiesen liebt - und dass er traurig wäre, wenn ausgerechnet die nicht in der Ewigkeit ankommen?
Bin gespannt auf eure Erhellungen zum Thema!

Montag, 21. Februar 2011

Bei Merkels unterm Sofa...

...so lautet der Titel des aktuellen Kabarett-Programms von Simone Solga. (www.simonesolga.de)
Am Samstag habe ich diese klasse Frau in Alma Hoppes Lustspielhaus in Winterhude geniessen dürfen. Es ist ja äußerst selten, dass eine Frau attraktiv UND charmant UND intelligent UND witzig ist - auf die "Souffleuse der Kanzlerin" trifft alles zu. Nicht nur, dass die politischen Pointen sitzen, Simone Solga kann auch großartig schauspielen und gut singen. Die Großmutterparodie mit russischem Akzent war prima in Szene gesetzt, der erotisch angehauchte Song zum "Handy-Vibrationsalarm" ging ins Ohr und war saukomisch.
Meine Freundin und ich haben uns bestens amüsiert!

Wie gut für mich, dass ich überhaupt keine Probleme habe, in fremden Betten zu schlafen. Von Freitag auf Samstag hatte ich unter dem Dach eines Pfarrhauses in einem kleinen Ort in Ostwestfalen übernachtet, weil ich Samstag dort mein erstes Frauenfrühstück des Jahres hatte. Das Pastorenehepaar stammt aus dem Ruhrgebiet, weshalb wir einen vergnüglichen Abend mit viel Gelächter und ironischen Spitzen verbracht haben.
Da war ich für die zweite aushäusige Nacht bei meiner Freundin gleich gut eingestimmt. Zuhause wartete sowieso keiner auf mich, weil der Gatte ein Klausurwochenende mit dem Ältestenkreis unserer Gemeinde verbracht hat.
Manchmal entpuppt sich ungeplantes Timing als das Beste! Ohne die Klausur hätte ich nicht in HH Station gemacht und würde immer noch nicht wissen, wer Simone Solga ist. Und ich würde weiter an einem Vorurteil hängen. Ich dachte bisher, nur Männer wären im politischen Kabarett richtig gut. Frauen fand ich da nicht witzig genug. Das ist jetzt anders - Angie Merkels Sofa sei Dank!

Dienstag, 15. Februar 2011

Schuster, bleib bei deinen Leisten

Ich überlege gerade, wie sinnvoll ich dieses Sprichwort finde.
Sonntagabend dachte ich: Yes! Das Ensemble von "Cats" sollte genau das, was es derzeit tut, noch ganz lange machen.
Es war mal wieder dran gewesen, eines meiner Weihnachtsgeschenke einzulösen. Also fuhr ich per S- und U-Bahn mit unserer Ältesten zum Heiliggeistfeld in HH, wo derzeit die Neuinszenierung von "Cats" in einem Theaterzelt zu sehen ist. Tänzerisch und stimmlich war das ein echtes "Wow-Erlebnis". Die Darsteller bewegten sich zu jeder Zeit als Katzen, es gab großartige akrobatische Tanzeinlagen und echt höhrenswerte Gesangsdarbietungen. Diese "Schuster" dürfen für meine Geschmack noch ganz lange machen, was sie hervorragend können!

Andererseits würde uns einiges fehlen, wenn manche "Schuster" immer nur weiter das gemacht hätten, was sie sowieso schon können. Am Samstag haben wir "Invictus" auf CD geguckt. Ein packender Film über Nelson Mandela. Er spielt vor allem nach dessen Amtseintritt als Präsident von Südafrika - und Morgan Freeman verkörpert diesen Mann genial.
Regie führte Clint Eastwood. Der hatte sich ja schon über Jahre einen Namen als Schauspieler gemacht. Zum Glück wollte er neue "Leisten" ausprobieren und unter seiner Regie sind geniale Filme entstanden: "One Million Dollar Baby" oder auch "Invictus".

Ich selbst habe mich Jahrzehnte darauf ausgeruht, dass ich zwei linke Hände habe und meine Stärken eher im Kopfbereich liegen. Letzte Woche habe ich den Stier bei den Hörnern gepackt und etwas versucht, was ich noch niemals getan habe: Tapete von den Wänden eines großen Zimmers entfernt. Es handelte sich um Latextapeten.
Sicher habe ich viel länger gebraucht, als jeder Profi oder erprobter Laie. Immer wieder ist mir der Spachtel ausgerutscht und hat mir die Fingerkuppen aufgeritzt. Dann vermischte sich mein Blut mit dem Lösungsmittel und ich fürchtete kurzzeitig um meine Gesundheit.
Die Schnitte haben einige Tage bei jedem Zupacken weh getan. Der Muskelkater im rechten Arm war unbeschreiblich. Aber ich bin sehr stolz, dass ich etwas bewältigt habe, was ich eigentlich gar nicht kann. Noch niemals zuvor haben nackte Zimmerwände so ein Hochgefühl bei mir ausgelöst.

Meistens also sollte man das Sprichwort einfach vergessen. Und Dinge versuchen, die man noch nie versucht hat. Wenn es richtig gut läuft, erfreut man Viele mit dem Ergebnis. In jedem Fall überrascht man sich selbst. Und das ist echt was Nettes!

Dienstag, 8. Februar 2011

Wenn Beton zu meinem Herzen redet...

...dann bin ich mitten in Berlin. So wie am vergangenen Wochenende. Das war ein Weihnachtsgschenk meines lieben Mannes - weil er weiß, wie sehr ich diese Stadt schon seit meiner Kindheit mag.
Von allen netten Erlebnissen will ich gar nicht erzählen - iss privat.
Zum ersten Mal waren wir am "Denkmal für die ermordeten Juden Europas". Und das ist nicht privat. Das ist sehr öffentlich, in unmittelbarer Nähe des Brandenburger Tors. Der Architekt Peter Eisenmann hat auf einem riesigen Platz 2711 große Betonstelen aufstellen lassen. Alle scheinen die gleiche Fläche zu haben, sind aber unterschiedlich hoch. Sie sind in Reihe und Glied angeordnet, die Besucher können zwischen diesen dunkelgrauen Blöcken beliebig hindurchlaufen.
Ganz groß finde ich, dass es für dieses Denkmal keine Interpretationshilfen gibt. Es gibt nur den unterirdisch angelegten Ort der Information. Dort gibt es gesammelte Fakten über die Opfer, die Orte der Vernichtung und heutige Gedenkstätten. Gerade diese nüchternen, unkommentierten Tatsachen machen das Grauen deutlich, dokumentieren unbestechlich, was Menschen anderen Menschen antun können.
Das überirdische Stelenfeld spricht nicht den Kopf an, sondern den Bauch oder das Herz. Deshalb wird jeder Mensch eine andere Botschaft dort empfangen.

Für mich wurde Folgendes wichtig:
Am Rande des Feldes sind die Steinblöcke sehr niedrig. Sie scheinen harmlos, könnten an einem schönen Sommertag dazu verführen, auf ihnen Platz zu nehmen - sie sind dann von der Sonne angenehm aufgeheizt - um ein Picknick zu veranstalten. Je weiter man aber in das Herz dieses Steinfeldes vordringt, um so höher werden unmerklich die Stelen. In der Mitte überragen sie einen Menschen um mehr als das Doppelte. Dort - im Kern - fühlt es sich einfach nur bedrohlich an.
Ich denke, so ähnlich wird sich auch die Judenverfolgung im Nazi-Deutschland entwickelt haben. Am Anfang schien die Bedrohung lächerlich klein. Auch viele Nichtjuden konnten nicht einschätzen, dass sich da kein harmloser Sturm im Wasserglas entwickelt. Viele Juden haben den Zeitpunkt der Auswanderung so verpasst. Und irgendwann schlug das Grauen über ihnen zusammen. Ein Grauen, das in einer akkuraten Ordnung vorangetrieben wurde. Nach einem Muster - oder Raster - so wie dieses Werk es wieder spiegelt.

Was auch immer dieses Denkmal einzelnen Besuchern sagt - unvergessen für alle sollten folgende Worte von Primo Levi sein:
"Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen. Darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben."

Donnerstag, 3. Februar 2011

"Warum ich keine Angst vorm Altwerden habe"...

...so lautet der Artikelauftrag einer Zeitschrift an mich. Hier das, was mir dazu eingefallen ist:

Ein sehr wichtiger Grund für meine Furchtlosigkeit ist, dass es bis zum Altwerden noch lange dauert. Ich bin zwar schon 48, aber wenn ich mich unter meinen Bekannten so umschaue, dann ist man heutzutage selbst mit 70 lange nicht alt. Meine Lieblingsnachbarin ist 71. Ihr Auto steht fast nie in ihrer Einfahrt, weil sie einen riesigen Freundeskreis hat und dauernd unterwegs ist. Ein Freund ist Jahrgang 1938 und verbringt liebend gerne eiskalte Vollmondnächte auf dem Hochsitz in seinem Jagdgebiet. Ein Ehepaar aus der Gemeinde, im Alter meiner Eltern, war im letzten Spätsommer mit dem Transsibirien-Express unterwegs. Weil sie Abenteurer und keine Luxusreisenden sind, hatten sie ein Vierbett-Abteil gebucht. Eine Woche lang mit Unbekannten die Nächte verbringen? Das klingt mehr nach 17 als nach 70! Und wenn ich mir Gerhardt Schnitter auf seinem neuesten Buchcover angucke, dann kann ich nur sagen: Mit 70 ist es möglich, ausgesprochen jung und gut auszusehen!

Sicher – es gibt Menschen, die werden in diesem Alter von Gebrechen und Krankheiten geplagt. Aber solche Übel machen auch vor jungen Menschen nicht halt. Deshalb verknüpfe ich den Gedanken ans Altwerden nicht automatisch mit körperlichem Verfall. Das wäre genauso dumm wie ständig darüber nachzudenken, dass mein aktives Leben schon morgen durch einen schweren Autounfall zu Ende sein könnte. Es bringt überhaupt nichts, schwere Gedanken an ungelegte Eier zu verschwenden!

Stattdessen konzentriere ich mich lieber darauf, jeden einzelnen Tag zu leben und unterwegs eben auch älter zu werden. Wenn Gott Gnade schenkt, dann lerne ich die Vorteile des Alters Stück für Stück zu genießen. Schon jetzt erlebe ich wie cool das ist, wenn erwachsene Kinder mal drüber nachdenken wie sie MIR eine Freude machen können. Wie genial wird das erst sein, wenn sie die komplette Planung für meinen 75. Geburtstag übernehmen und ich einfach nur Hof halten und meine Gäste unterhalten darf! Wie genial ist das überhaupt, Verantwortung in jüngere Hände abgeben zu dürfen - auch in der Gemeinde?

Derzeit gehöre ich zur Generation „Sandwich“. Unsere Kinder sind „junge Erwachsene“ und brauchen noch viel Unterstützung auf ihrem Weg in ein völlig eigenständiges Leben. Unsere Eltern sind alt – und wir übernehmen mehr und mehr ihre frühere Rolle als Verantwortliche. In der Gemeinde sind die „Sandwiches“ genauso gefragt – als Leiter und Vorbilder. Manchmal kann das – bei aller Freude - ganz schön anstrengend sein!

Deshalb freue ich mich auf die Zeit, wo die Aufgabe meiner Generation erfüllt ist. Wo es dran ist, unsere Kinder ans Ruder zu lassen. Angst habe ich nur davor, dass ich das zur gegebenen Zeit nicht schaffe, weil ich meine Wichtigkeit krampfhaft festhalten will. Deshalb umgebe ich mich heute schon mit Freunden, die über 80 sind und mir zeigen wie das geht: Gelassen los lassen. Diese Freunde sind meine Vorbilder beim Altwerden. Sie erzählen mir gerne von ihren Erfahrungen. Sie sind weise und überlassen mir die Entscheidungen. Weil sie darauf vertrauen, dass Gott mit mir arbeitet so wie er mit ihnen gearbeitet hat.

Wenn ich mit Gottes Hilfe auch so ein wunderbarer alter Mensch werden kann – warum sollte ich dann Angst davor haben, alt zu werden?