Sonntag, 25. Januar 2015

Lohnt sich der Einsatz für Flüchtlinge?

„Das Willkommen-Cafe macht uns viel Freude“

Darin sind wir Mitarbeiter uns einig. Kurz vor Weihnachten hatten wir das in einer Teamsitzung alle so empfunden. Natürlich ist die Arbeit auch anstrengend. Oft fühlt es sich nach 2 ½ Stunden am Montagnachmittag an, als hätten wir Fransen am Mund. Für unsere Gäste ist es ja wichtig, dass sie uns Deutsch sprechen hören. Wenn überhaupt keine Deutsch-  oder wenigstens Englischkenntnisse bei ihnen vorhanden sind, sind wir Gastgeber zusätzlich auf Einfallsreichtum und Pantomimen-Kunststücke angewiesen.
Nach über drei Monaten kennen wir unsere „Stammgäste“ ziemlich gut. Beziehungen sind gewachsen, selbst da, wo es zu viel mehr als zu Begrüßungsritualen und einem herzlichen Lächeln nicht reicht. Das ist das traurige Erleben, das unsere Arbeit auch mit sich bringt: Genau wie unter uns Deutschen gibt es bei Flüchtlingen aus aller Herren Länder Menschen, die zu bequem, zu wenig selbstbewusst oder einfach zu alt sind, um eine fremde Sprache zu erlernen. Dieses Unvermögen zu sehen, tut weh.
Dafür entschädigen die anderen Erlebnisse aber doppelt und dreifach! Da ist zum Beispiel der junge Mann aus Syrien – nennen wir ihn „Moffa“. Mitte Oktober gelang es nur auf dem Umweg übers Englische, ihm die deutsche Sprache näher bringen. Mitte Dezember konnten wir uns schon prima mit ihm auf Deutsch unterhalten! Also – richtig unterhalten: Über sein Leben, seine Familie, seine Träume und seine Ängste. Moffa ist nicht der Einzige mit solchen Fortschritten. Das ermutigt uns sehr in unserem Dienst.

Wir bemühen uns, deutlich zu machen, dass das Cafe zu unserer „Kirche“ gehört. Eine „Holzhammermethode“ ist da allerdings völlig daneben. Eine gute Idee war die Geschenkaktion vor Weihnachten. Unsere Leiterin hatte kleine Kalender für 2015 besorgt – mit schönen Fotos und Bibelsprüchen. Diese Kalender gibt es in Deutsch – aber auch in Englisch, Russisch, Arabisch, Persisch…Wer wollte, konnte sich so einen Kalender mit nach Hause nehmen. Unsere Gäste haben nun einen guten Begleiter für das ganze Jahr. Und wir hoffen, dass auch unser Cafe ihnen ein guter Begleiter bleibt – und ein „Zuhause“ mitten in der Fremde.
(Mein Bericht von der Flüchtlingsarbeit in der FeG Norderstedt)

Montag, 19. Januar 2015

Kunst ist Luxus

Mir ist aufgefallen, dass ich gerade in den letzten Wochen viel über den Genuss von Kunst und Kultur gepostet habe. Am Anfang des neuen Jahres ist sogar noch was Geniales dazu gekommen: Unsere Kinder hatten uns zu Weihnachten einen Besuch im "Palazzo" geschenkt. "Die Poletto" servierte ein Deluxe-Viergang-Menü in einem Edelzirkuszelt. Zwischen dem Lecker-Essen gab es exquisite Akrobatik, Jonglage, Bauchrednerkunst...Großes Kino, ein wunderbarer Abend, Chapeau für herausragende Artisten.
So etwas können sich in unserem Land ab und zu Menschen gönnen. Das ist schön und dafür muss man sich bestimmt nicht schämen.
Es gibt Menschen in Deutschland, die sind Lichtjahre von dem "sich gönnen" entfernt. Für diese Leute ist auch Kunst und Kultur nicht zu haben.
Dazu gehören - auf jeden Fall für viele Jahre - die Flüchtlinge, die zu uns kommen.
Durch meine Tätigkeit in einem "Willkommen-Cafe" und bei einer Tafel kommen mir diese Gäste in unserem Land sehr nahe.
Diese Begegnungen zeigen mir wieder deutlich, wie gut es mir geht. "Kunst" ist so ziemlich das Letzte, für das diese Menschen sich interessieren können. Zuallererst geht es für sie darum, ein Land zu finden, in dem sie bleiben können. Das "Dublin-Abkommen" ist dabei eine große Hürde und ein lebenswichtiges Thema - im Gegensatz zu Premieren, Vernissagen - und was es sonst für kunstinteressierte Menschen so an wichtigen Dingen gibt.
Für Flüchtlinge gibt es nichts Wichtigeres, als Heimat zu finden. Dazu braucht es Einheimische, die ihnen freundlich begegnen, ihnen helfen, deutsch zu lernen, die bereit sind, echte Gastgeber zu sein.
Das ist nicht immer leicht. Wer verfolgt ist, auf der Flucht war, Ablehnung erfahren hat - der ist nicht so aufgeschlossen und gut gelaunt wie Jemand, der gerade einen Abend im "Palazzo" genießen konnte.
Es ist allerdings interessant wie sehr geschädigte Menschen aufblühen und auftauen, wenn sie echte Wertschätzung und Freundlichkeit erleben.
Wer Luxus genießen kann, müsste in der Lage sein, solche Wertschätzung und Freundlichkeit zu vermitteln.
"Luxus" ist nicht nur Kunstgenuss, sondern auch: Heimat, Freunde, Sicherheit...
Ich bin sicher: Wir machen uns schuldig, wenn wir nicht bereit sind, unseren "Luxus" zu teilen.    

Samstag, 3. Januar 2015

Es gibt nichts Neues unter der Sonne



Das sagt man so. Und gerade für Geschichten scheint das zu stimmen. Die wirklich guten Plots kennen wir schon aus der Bibel. Grundstrukturen davon finden sich in alten Dramen und Märchen. Ist also alles schon erzählt?
Neu und spannend wird das Geschichtenerzählen durch das "wie". Das ist die Herausforderung für Künstler. Die leidenschaftlichen und guten finden neue Wege, um die Menschen ihrer Zeit zu erreichen.
Heute haben wir solche herausragenden Künstler erleben dürfen. Sie mischen Tanz, Akrobatik und Schattentheater, um das Publikum mit einer Geschichte zu berühren und zu begeistern.

http://www.shadowland-show.de/de/home.html

Wir saßen sprachlos im Theater, waren verzaubert und konnten am Ende erstmal nur sagen: So was haben wir noch nicht gesehen.
Was die neun jungen Menschen mit ihren fantastischen Körpern, ihrer Körperbeherrschung, ein paar Leinwänden und Scheinwerfern da "gezaubert" haben war grandios. Kreativität, Können und Leidenschaft kann auch heute noch live begeistern. Obwohl wir doch meinen, alles schon zu kennen.