Montag, 15. August 2016

Gott - was soll das?

Diese Frage wird immer wieder gestellt bei allem Leid in der Welt. Je näher mir das Leid kommt, umso dringender wird diese Frage. Auch, weil ich dann plötzlich gefragt bin als Tröster - oder gar praktische Hilfe. Wieso soll ich nun ins Lot bringen, was Gott vielleicht verschlafen hat? Und was kann ich überhaupt ausrichten?
Seit gut einem Monat habe ich näheren Kontakt zu einer Flüchtlingsfamilie aus dem Iran. Die ist seit ca. sieben Monaten in Deutschland und musste ja erst mal das Erstaufnahmelager durchlaufen, bis sie in meiner Stadt/meiner Kirche gelandet ist.
Sie waren vier Menschen voller Hoffnung auf ein neues Leben: Der Vater, 45 Jahre alt; die Mutter, Anfang 40 und zwei Töchter, 18 und zehn Jahre alt. Die älteste Tochter ist schwer gehbehindert. Die Familie versprach sich u.a. für sie eine bessere medizinische Versorgung in Deutschland.
Am Samstag ist Josef beim Fahrradfahren plötzlich zusammengebrochen und gestorben: Herzinfarkt. Jetzt sitzt die Mutter - ich nenne sie mal Bahar - allein und verlassen mit einem ungewissen Flüchtlingsstatus in der Fremde. Die Großfamilie ist im Iran und es besteht keine Möglichkeit, gemeinsam zu trauern. Josefs Eltern bestehen auf eine Rückführung des Leichnams in sein Heimatland. Es gibt Niemand, der die horrenden Kosten dafür tragen will. Noch gut eine Woche wird das Krankenhaus die Leiche behalten. Einige Menschen arbeiten gerade fieberhaft daran, um alle rechtlichen/bürokratischen Fragen zu klären. Bahar und ihre Töchter können noch kaum Deutsch. Ohne Hilfe sind sie völlig lost in space - ganz abgesehen von ihrer tiefen, tiefen Trauer. Bahar ist nun bereits das zweite Mal verwitwet. Ihre älteste Tochter ist von ihrem ersten Mann. "Josef war für mich wie ein Engel", erzählt sie mir über die Dolmetscherin. "Er hat nie einen Unterschied zwischen meinen beiden Mädchen gemacht."
Ja - was soll man denn nun zu so einer Geschichte sagen? Die platte Weitergabe von tröstenden Bibelstellen hilft der geschlagenen Familie wenig. Nach einem Glaubensgrundkurs wollten sie sich übrigens alle am 27. September taufen lassen. Wo mag in diesem heftigen Drama irgendein Sinn stecken? Gott - was soll das?      

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