...kann ein guter Aufhänger für die Predigt sein. Die folgende Szene aus meiner Feder hatte letzten Sonntag im Gottesdienst Premiere. Thema: "UN(D) - SICHER?" Unser Pastor konnte gut einhaken zum Beginn seiner Predigt. Die jungen Leute auf dem Schiff waren ganz sicher, dass sie eine Zukunft vor sich hatten. Und das ältere Ehepaar war sicher, dass es sein Ziel erreicht. Die Szene - ein Gleichnis für unser Leben?
Bühnenbild, Kostüme und Schauspieler waren jedenfalls genial! Da hatte ich als Texterin keine Aktien drin - und habe mich gefreut, was Tolles draus geworden ist!
Das Bühnenbild skizziert zwei Schiffsdecks übereinander. Unten für die 3.
Klasse-Passagiere, drüber das für die 1. Klasse. Oben „lustwandelt“ ein reiches
Paar und beobachtet zunächst, was „unten“ passiert.
Nelly und Tom stürmen mit einer Reisetasche aufs Zwischendeck. Nelly stellt
sich sofort an die Reling und guckt auf den Hafen.
Nelly: Wir sind
wirklich mit dem allerletzten Tender aufs Schiff gekommen! Gleich
legen wir ab!
Tom: Wollen wir uns nicht erst mal
zwei Kojen im Schlafsaal belegen?
Nelly: Ach, Bruderherz! Die besten Plätze sind doch
sowieso weg! Wir waren die Letzten! Lass uns lieber noch einen Blick auf Irland
werfen. Vielleicht sehen wir unsere grüne Insel nie wieder!
Tom: Ok, Nelly. Du hast Recht. Ob Vater und Mutter
uns sehen können?
Nelly: Quatsch! Kannst DU sie vielleicht sehen in
der großen Menge dahinten im Hafen? Die Reede liegt zu weit von Queenstown weg!
Tom: Ob wir sie je wiedersehen?
Nelly: Natürlich werden wir das! Du und ich – wir
werden in Amerika so viel Geld machen, dass wir ihnen bald die Schiffspassage
bezahlen können.
Tom: Ja! In Amerika kann es jeder zu was
bringen! Dort gibt es kein Heer von
Arbeitslosen wie bei uns, das von der Hand in den Mund leben muss.
Nelly: Und wie stolz und glücklich wird Vater sein,
wenn er endlich die Freiheitsstatur sieht! Wie oft hat er uns erzählt, dass er
vor Rührung geweint hat, als sie eingeweiht wurde.
Tom: Das war 1886, oder? (Nelly nickt)Da war er
zehn – halb so alt wie ich…
Nelly: Und jetzt ist er schon 36. Ein uralter
Mann…(sieht einen jungen Mann auf sich zu schlendern, ist entsetzt: ) Och nee,
Tom! DER ist nicht wirklich auch auf unserem Schiff! (Patrick kommt dazu,)
Tom: Na toll! Paddy, der Möchtegern-Don-Juan!
Pat: (verbeugt sich ironisch vor Nelly) Sieh an!
Das schönste Mädchen unserer irischen Provinz kann nicht an sich halten und
verfolgt mich nach Amerika.
Nelly: Gesegnet seien die, die
nichts zu sagen haben und die Klappe halten!
Tom: (zu Nelly) Der denkt wirklich, alle Mädchen
in Queenstown sind in ihn verliebt! Und du auch!
Pat: Natürlich ist sie das!
Tom: So was Dummes muss ich mir nicht anhören! Ich
belege uns schon mal zwei Kojen! (geht ab)
Pat: (zu Nelly: ) Ich habe mir ne ganz passable
Koje geangelt. Direkt an der Tür – mit viel frischer Luft. Du bist herzlich
eingeladen, sie mit mir zu teilen…Versuchungen sollte man nachgeben,
Schätzchen! Wer weiß, ob sie wieder kommen!
Nelly: Bravo! Du
lebst echt nach dem Motto: Besser dumm wie alle als klug wie keiner. – Du bist
nun wirklich keine Versuchung für mich. Ich angele mir in New York einen
Millionär! Zum Heiraten!
Pat lacht sich
kaputt.
Pat: Nelly, wenn du drei Jahre wartest, dann bin ICH Millionär. Ich werde Filmstar!
Nelly: Filmstar? Meine Güte, Patrick Green, du bist
so eingebildet, du verbeugst dich sogar, wenn der Regen an die Fenster
klatscht! – Aber abgemacht! Treffen wir uns in drei Jahren an der
Freiheitsstatur. Wenn du dann Millionär bist, werde ich dich heiraten. Es sei
denn, ich habe meinen Traummann schon vorher gefunden.
Pat: Und wenn die Amerikaner denken, du gehörst zur letzten Art von Frauen?
Nelly: Du dummer Tropf meinst, du kennst dich mit
Frauen aus? Wie viel Arten soll es denn geben?
Pat: Genau drei: Schöne Frauen, intelligente
Frauen – und die Mehrheit.
Nelly: Du bist wirklich eine Zumutung! Ich gehe
jetzt Tom suchen! (Rauscht ab)
Pat: (ruft ihr hinterher) Und vergiss nicht: Am
11. April 1915 haben wir ein Date an der Freiheitsstatur! (zu sich) Mal gucken, was für Sahneschnitten
sonst noch an Bord sind! Alleine in der Koje – das ist ja öde! (Geht ab)
Jetzt unterhält
sich das Paar auf dem Oberdeck. Während der vorhergehenden
Szene hat man
schon gemerkt, dass der Mann das Ganze amüsiert beobachtet hat,
während die Frau
eher angewidert war.
Er: Diese jungen Auswanderer sind entzückend
lebendig! So voller Hoffnung und Träume! Und Witz haben sie auch.
Sie: Entzückend? Witzig? Meine Güte! Die kommen
aus der untersten Schublade! Kaum zu glauben, dass wir das Schiff mit ihnen
teilen müssen!
Er: Teilen ist etwas übertrieben, meine
Liebe! Die Passagiere 3. Klasse haben keinen Zugang zu unseren Decks.
Sie: Na, das wäre ja auch noch schöner! – Aber
sag mal: Wie kommen die denn im Ernstfall zu den Rettungsbooten? Die gibt es
doch nur hier oben.
Er: Im Ernstfall werden die Sicherheitstüren
zwischen den Klassen natürlich geöffnet. Aber bis die Leute von unten hier oben
angekommen sind, wären vermutlich sowieso alle Rettungsboote belegt. Es gibt
nicht genug Plätze für alle Passagiere.
Sie: WAS! Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich
mich nie von dir überreden lassen, diese Jungfernfahrt mitzumachen!
Er: Du musst dir nun wirklich keine Sorgen
machen, meine Liebe! Dieses Schiff ist unsinkbar. – Was hältst du von einem
Schönheitsschläfchen? Damit wir für den Ball heute Abend frisch sind?
Sie: Eine gute Idee mein Lieber! (Während sie
abgehen: ) Und dieses Schiff ist wirklich unsinkbar?
Er: Ganz sicher! Wir sind auf der Titanic!
ENDE